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Eschensterben: Tulln fällte 4.000 Bäume

25.10.2017 – In vielen Gemeinden müssen aufgrund eines eingeschleppten Pilzes unzählige Eschen gefällt werden. Ein einzigartiges europäisches Projekt arbeitet seit 2015 an der Entwicklung einer resistenten Sorte.

Das Eschensterben erreicht neue Dimensionen: In Tulln mussten rund 4.000 Eschen gefällt werden, weil die Gefahr, dass diese unkontrolliert umfallen, zu groß war. Allein diese Maßnahme verursachte Kosten in Höhe von 260.000 Euro. Dabei ist die Wiederaufforstung noch nicht inbegriffen. Bei einem Baumpflanzfest wurden 100 Bäume wie Stieleiche, Schwarzpappel, Walnuss und andere Arten wieder neu gepflanzt, damit der Wasserpark, ein Auland mitten im Zentrum Tullns, bald wieder in neuem Grün erstrahlen kann.

Ursache: Pilzbefall

In Tulln arbeiten Forscher des Forschungszentrums für Wald gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur an der Züchtung von resistenten Pflanzen, damit die Esche und jene mit der Esche vergesellschafteten Tiere, nicht aussterben. ©Unger
In Tulln arbeiten Forscher des Forschungszentrums für Wald gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur an der Züchtung von resistenten Pflanzen, damit die Esche und jene mit der Esche vergesellschafteten Tiere, nicht aussterben. ©Unger

Grund ist ein eingeschleppter Pilz namens „Weißes Stengelbecherchen“, gegen den unsere europäischen Eschen offensichtlich keine Abwehr haben. Äußeres Zeichen: Vor allem bei jüngeren Bäumen sterben die Triebe bzw. Bäume haben im oberen Bereich keine Blätter mehr. In vielen Fällen zeigt auch die Rinde verfärbte Stellen. Da der Pilz über den bodennahen Bereich eindringt und unter der Rinde sitzt, ist er von außen schwer zu erkennen. Die Folgen können aber fatal sein, denn am Ende hat der Baum durch die befallenen Wurzeln keinen Halt mehr und fällt einfach um. Für Gemeinden, die hier oft in der Haftung stehen, keine einfache Sache. In den meisten Fällen werden bei Befall vorsorglich alle Eschen eines Abschnitts gefällt.

Befallene Bäume sind schwer zu diagnostizieren

Laut Univ.-Prof. Dr. Dr. Thomas Geburek vom Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft ist das eine nachvollziehbare Reaktion, obwohl man dadurch auch die Eschen fällt, die nicht vom Pilz befallen sind. Auch für Geburek ist es schwer, Gemeinden diesbezüglich einen Rat zu geben: „Es gibt es keinen, allumfassenden Ratschlag für Gemeinden. Natürlich wäre es besser, jene Eschen stehen zu lassen, die nicht befallen sind, damit sich neue, resistente Arten entwickeln können. Doch aufgrund der Tatsache, dass der Pilz nur sehr schwer zu diagnostizieren ist, verstehe ich auch, wenn Gemeinden in betroffenen Gebieten alle Eschen fällen lassen.“

EU-Projekt zu Rettung der Esche

Im Wald werden Blätter von befallenen Bäumen für den Resistenztest gesammelt. ©Unger
Im Wald werden Blätter von befallenen Bäumen für den Resistenztest gesammelt. ©Unger

Österreichweit gibt es rund 1,3 Millionen Eschen. Sie gehört daher zu einer der am meisten verbreiteten Laubbäume in Österreich. Werden nun alle Eschen gefällt, sterben auch jene Lebewesen aus, die mit der Esche vergesellschaftet sind. Ein Beispiel ist der Kleine Maivogel, ein Falter, der auf das Laub der Esche angewiesen ist. Damit die Esche trotz des Pilzes in Österreich nicht ausstirbt bzw. die Waldwirtschaft mit Eschen gerettet werden kann, startete das Forschungszentrum für Wald gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur auf Initiative und mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer Österreich, des BMLFUW, des Österreichischen Forstvereins, aller Landesforstdirektionen und anderer Partner im August 2015 eines der umfangreichsten europäischen Projekte zur Prüfung und Sammlung resistenter Eschen. Ziel dieses Projektes ist es, mehrere hundert resistente Altbäume auszulesen und eine Zuchtbasis von resistenten Eschen zu erstellen.

Ganz Österreich half mit

Um herausfinden, wie resistent die jungen Eschen wirklich gegen den Pilz sind, werden die Blätter der befallenen Bäumen auf dem Testfeld ausgebracht. So können die Forscher sicher gehen, dass nur die resistenten Pflanzen für die weitere Zucht herangezogen werden. ©Unger
Um herausfinden, wie resistent die jungen Eschen wirklich gegen den Pilz sind, werden die Blätter der befallenen Bäumen auf dem Testfeld ausgebracht. So können die Forscher sicher gehen, dass nur die resistenten Pflanzen für die weitere Zucht herangezogen werden. ©Unger

„Wir haben ganz Österreich aufgerufen, uns jene Eschen zu melden, die gegen den Pilz resistent scheinen. Von diesen Eschen haben wir das Saatgut genommen und in unserem Versuchslabor in Tulln eingesetzt.“ In Tulln gibt es daher aus mehreren Jahren Setzlinge und bereits kleine Bäume. „Dort überprüfen wir nun dieses vermeintlich resistente Material, um die besonders resistenten Bäume herauszufiltern“, erklärt Geburek. Was einfach klingt, ist erstens ein langwieriger Prozess und zweitens ist der Erfolg keineswegs gesichert, denn die Bäume müssen in einer zweiten Phase erst in den unterschiedlichen Regionen Österreichs ausgesetzt werden und überleben. „Am Versuchsfeld findet bereits ein erster Resistenztest statt, denn die kleinen Bäume werden mit dem Laub der befallenen Bäume zusammengebracht“, erzählt Geburek.

In der nächsten Phase (in ein bis zwei Jahren) wird wieder die Mithilfe aus Forstbetrieben und Gemeinden gebraucht, denn dann werden die Bäumchen in unterschiedlichen Regionen ausgesetzt und weiter getestet. Gemeinden, die hier mitmachen wollen, können sich bei Thomas Geburek melden. Die Kontaktdaten finden Sie am Ende des Artikels. 30.000 bis 40.000 resistente Pflanzen werden am Ende ausgesucht und sollen die Art retten.

Melden Sie sich, wenn Sie bei der Suche nach resistenten Eschen als Gemeinde mithelfen möchten, bei

Univ.-Prof. Dr. Dr. Thomas Geburek
Bundesforschungszentrum für Wald
Institut für Waldgenetik
Telefon: +43 (1) 87838 – 2109
Telefax: +43 (1) 87838 – 2250

Zu den Symptomen bzw. eine Erklärung des Projekts finden Sie in nebenstehender Box ein 25-minütiges Video.

(Mag. Carina Rumpold)

Im ersten Schritt werden ähnlich wie auf der heimischen Fensterbank in kleinen Behältern ausgesät. ©Unger