Was ist der Finanzausgleich und wie funktioniert er?
Über den Finanzausgleich werden vor allem die gemeinschaftlichen Bundesgaben (z.B. Umsatzsteuer, Lohnsteuer, Körperschaftssteuer etc.), die der Bund einhebt, zwischen Bund, Ländern und Gemeinden aufgeteilt. Dabei geht es um gut 100 Milliarden Euro pro Jahr, von denen die Gemeinden in der Regel 11,849 % erhalten, die so genannten “Ertragsanteile”. Die Bundesländer, die ja selbst fast gar keine Steuern einheben, erhalten aktuell 20,217 % der Ertragsanteile (aus der sogenannten vertikalen Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben auf Bund, Länder und Gemeinden). Der Finanzausgleich ist eine Vereinbarung, die einvernehmlich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden verhandelt und beschlossen wird. Im Nationalrat wird diese Einigung dann vollinhaltlich übernommen (paktierte Gesetzgebung) und in Form des jeweiligen Finanzausgleichsgesetzes (aktuell das FAG 2024) beschlossen. Das geschieht zumeist alle vier bis sechs Jahre. Der aktuelle Finanzausgleich gilt für die Jahre 2024 bis 2028.
Grafik und Quelle: KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung
Bei den Gemeinden (ohne Wien) lagen die Einnahmen aus Ertragsanteilen (inkl. Gemeinde-Bedarfszuweisungsmittel) im Jahr 2022 bei rund 9,8 Mrd. Euro, was knapp 40 Prozent der operativen und investiven Gesamteinnahmen des Finanzierungshaushalts entsprach. Die übrigen 60 Prozent nahmen die Gemeinden aus eigenen Steuern (v.a. Kommunalsteuer und Grundsteuer) sowie über Gebühren, Abgaben, wirtschaftliche Tätigkeiten, Vermögenstransaktionen, Transfers des Bundes, Rücklagenauflösungen, Darlehensaufnahmen etc. ein.
Der abgeschlossene Finanzausgleich berücksichtigt den aktuellen Stand der Aufgaben der Gebietskörperschaften zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Paktums bzw. allenfalls auch darin verankerter weiterer Reformen. Kommen im Laufe einer Finanzausgleichsperiode neue Aufgaben für Länder und Gemeinden hinzu, erfolgt dies oft im Wege von sogenannten 15a-Vereinbarungen, in den zumeist auch Finanzierungsregelungen enthalten sind. In den letzten Jahren war dies vor allem im Bereich der Kinderbetreuung der Fall. Ehemalige 15a-Vereinbarungen wurden häufig im Rahmen des darauffolgenden Finanzausgleichs in das Finanzausgleichsgesetz integriert.
Im Finanzausgleich werden die Mittel vor allem “pro Einwohner” an die Gemeinden ausbezahlt. Je mehr hauptwohnsitzgemeldete Einwohner eine Gemeinde hat, umso mehr Geld bekommt sie. Darüber hinaus besteht immer noch der so genannte “abgestufte Bevölkerungsschlüssel” (aBS), über den Gemeinden mit einer Bevölkerung von mehr als 10.000 Menschen auch mehr Geld pro Einwohner bekommen. Eine Stadt mit mehr als 50.000 Einwohnern bekommt beispielsweise den 1,45 fachen Betrag pro Kopf im Vergleich zu einer Gemeinde unter 10.000 Einwohner. Diese Regelung stammt im Grundsatz noch aus der Zeit nach dem 1. Weltkrieg, als die größeren Städte viele Kriegsflüchtlinge zu versorgen hatten. Heute wird der höhere Anteil an den Steuereinnahmen vielfach mit den “überörtlichen Aufgaben” (z.B. Kultur- und Freizeitangebote) der großen Städte argumentiert. Dieser Sichtweise kann sich der Österreichische Gemeindebund aber nicht anschließen, weil solche Einrichtungen in den zentralen Räumen häufig auch von Bundes- und Landesseite kofinanziert werden. Auch im Sinne der Gleichheit der Lebensbedingungen, des verfassungsrechtlichen Prinzips der Einheitsgemeinde und den Größenvorteilen der Städte (geringere pro Kopf-Kosten je Leistungseinheit) spricht sich der Österreichische Gemeindebund für eine Abschaffung des aBS aus.