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Finanzausgleich: Erstes Angebot des Bundes ist zu gering

Gut ein halbes Jahr, nachdem die Verhandlungen zum Finanzausgleich ab 2024 in einer vorweihnachtlichen politischen Runde im Finanzministerium begonnen wurden und zwischenzeitlich über 50 Sitzungstermine auf Fachebene erfolgt sind, legte der Bund am 3.7.2023 in einer politischen Runde den Ländern und Gemeindebünden ein erstes konkretes Angebot vor.

Das Angebot des Bundes sollte noch für einigen Gesprächsstoff sorgen. Vorweg aber noch ein paar aktuelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen, die für die FAG-Verhandlungen nicht unrelevant sind.

Schwache Konjunktur und hohe Ausgabendynamik. WIFO und IHS präsentierten Ende Juni ihre aktuellen Konjunkturprognosen. Für das heurige Jahr wird lediglich ein reales BIP-Wachstum von 0,3 bis 0,5 Prozent erwartet – und dies auch nur, weil der Dienstleistungsbereich (vor allem der Tourismus) die Rezession etwa in der Industrie kompensiert. Im kommenden Jahr soll das Wachstum mit 1,4 Prozent weiterhin im überschaubaren Bereich liegen. WIFO und IHS rechnen für heuer mit einer Teuerungsrate von rund 7,5 Prozent, die sich 2024 auf rund 4 Prozent verringern soll.

Hierbei ist jedoch aus kommunaler Sicht festzuhalten, dass diese Inflationsraten gemäß dem Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) längst nicht die Ausgabendynamik der Gemeinden und Länder im Gesundheits- oder Pflegebereich widerspiegeln. So wird etwa seitens der Länder davon ausgegangen, dass die Kostensteigerungen im Pflegebereich (Demografie, Regressverbot, Personalkosten etc.) in den Jahren 2024 bis 2028 bei durchschnittlich gut 11 Prozent pro Jahr liegen werden. Auch im Gesundheitsbereich ist eine Ausgabendynamik weit über der Inflationsrate beziehungsweise dem nominellen BIP-Wachstum zu erwarten.

Bund überrascht mit Tischunterlagen

Sprichwörtlich wie aus dem Hut gezaubert wirkte das Unterbreiten des ersten konkreten Verhandlungsangebots des Bundes durch die Minister Brunner und Rauch an die übrigen Finanzausgleichspartner. Abseits der im BMF anwesenden Vertreter des Bundes dürfte wohl kaum jemand davon gewusst haben, dass von Bundesseite am 3.7.2023 drei Tischunterlagen gemäß den drei Arbeitsgruppen (FAG-Kernthemen, Gesundheit sowie Pflege) den Vertretern der Länder, des Städtebundes und des Gemeindebundes vorgelegt werden.

Dementsprechend war es den Teilnehmern von Länder- und Gemeindeseite auch nicht möglich, im Detail über dieses erste konkrete Verhandlungsangebot des Bundes zu diskutieren – wodurch diese politische Sitzung auch weit vor den anberaumten eineinhalb Stunden endete. Die Minister Magnus Brunner (Finanzen) und Johannes Rauch (Soziales und Gesundheit) ließen es sich aber nicht nehmen, im Anschluss den geladenen Medienvertretern über das zehn Milliarden Euro schwere Angebot des Bundes für die Finanzausgleichsperiode 2024 bis 2028 zu berichten. Teils geht es dabei um frisches Geld, teils um bestehende Finanzzuweisungen und Zweckzuschüsse, die aber aus Sicht des Bundes auslaufen würden, wurde seitens der APA aus diesem Pressegespräch berichtet.

Viele Forderungen des Gemeindebundes enthalten

Im Detail kann an dieser Stelle nicht auf die Inhalte dieser von Bundesseite als vertraulich definierten Tischunterlagen eingegangen werden. Es sind aber dem Grunde nach viele der Forderungen der aktuellen Resolution des Bundesvorstandes des Gemeindebundes enthalten. Darunter auch – wie bereits in der Juni-Ausgabe von KOMMUNAL berichtet – die Fortführung des Strukturfonds und der gemeinsamen Finanzierung der Siedlungswasserwirtschaft (jeweils in noch final zu verhandelnder Höhe) sowie das Fixieren einer Arbeitsgruppe im Paktum, die konkrete Vorschläge für die Reform der Grundsteuer B erarbeiten soll.

Angebot des Bundes aber deutlich zu gering

Im medialen Nachklang zum 3.7.2023 wurde dieses 10-Milliarden-Euro-Angebot (rund zwei Milliarden Euro pro Finanzausgleichsjahr) von Länderseite auch als Schönrechnerei bezeichnet, weil dieses Paket nicht zur Gänze frische Bundesmittel enthält und darüber hinaus auch Mittel, die der SV für den niedergelassenen Bereich, aber nicht den Ländern und Gemeinden zukommen.

Von Länder- wie auch von Gemeindebund-­Seite wurde betont, dass es auch im Bereich des vertikalen Schlüssels bei den Ertragsanteilen ein deutliches Entgegenkommen des Bundes braucht, damit die regionale und die lokale Ebene weiterhin ihre sehr dynamisch wachsenden Ausgaben in Bereichen wie Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung tragen können.

Im Papier des Bundes wurde auf diese Milliarden-Forderung der Länder und Gemeinden nach höheren Anteilen am gemeinsamen Steuerkuchen nicht Bezug genommen. Lediglich im Rahmen des Pressegesprächs im Anschluss an die Sitzung räumte der Finanzminister ein, dass es aktuell noch keine Einigung bezüglich des umstrittenen Schlüssels zur Abgabenaufteilung gebe.

Keine Sommerpause für Verhandlungen zur Gesundheitsreform

Seitens des Bundes wurde betont, dass dieses Geld insbesondere für Reformen im Gesundheits- und Pflegebereich zur Verfügung steht – von der Stärkung des niedergelassenen Bereichs (zusätzliche Kassenstellen vor allem in der Primärversorgung) und dem Ausbau der Fachambulanzen in den Spitälern (um stationäre Aufnahmen zu vermeiden) über eine stärkere Digitalisierung (u. a. die Anbindung der Wahlärzte an ELGA, der Ausbau von Video-Konsultationen und der Gesundheitshotline 1450 etc.) bis hin zu einer effizienteren Medikamentenversorgung und zusätzlichen Angeboten der Gesundheitsförderung. Darüber hinaus sollen Maßnahmen zur Attraktivierung der (Kranken-)Pflegeberufe fortgesetzt und die Personalakquise gestärkt werden.

Während die Arbeitsgruppen FAG-Kernthemen und Pflege (das Personal-Thema ist Teil der Arbeitsgruppe Gesundheit) auf Fachebene bereits weitgehend finalisiert sind, wird in Sachen Gesundheitsreform auch im Sommer weitergearbeitet. Nur so ist die Forderung der Länder und Gemeinden erfüllbar, dass zeitgleich mit dem Paktum beziehungsweise der ergänzenden politischen Vereinbarung im Herbst auch die notwendigen legistischen Vorarbeiten für die Gesundheitsreform erledigt sind.

konrad gschwandtner rund

 

Über den Autor: Konrad Gschwandtner ist Fachreferent der Abteilung Recht und Internationales beim Österreichischen Gemeindebund.

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