Sebastian Kurz ist 38 Jahre alt, blond, Politiker und hat einen Parkplatz in Aichtal (Baden-Württemberg). Moment mal, in Aichtal? Hier geht es nicht um den österreichischen Ex-Kanzler, sondern um seinen Namensvetter: Sebastian Kurz, Bürgermeister der deutschen 10.000-Einwohner-Stadt Aichtal.
Gleicher Name, anderes Amt
Kurz (der Bürgermeister) ist Verwechslungen gewohnt: Als der andere Kurz noch Bundeskanzler war, kamen fast täglich Anfragen an den „falschen“ Kanzler. Vor allem in den Sozialen Medien kam es zu Verwechslungen. Zur Geburt des Sohns des ehemaligen österreichischen Spitzenpolitikers hat der deutsche Bürgermeister beispielsweise einige fehlgeleitete Glückwünsche erhalten. Eine weitere Anekdote wurde von den Medien verbreitet, wie der Aichtaler Ortschef erzählt: „Als ich letztes Jahr in Galtür auf Urlaub war, habe ich meinen reservierten Parkplatz vor dem Rathaus zur Verfügung gestellt. Ein Foto des Schilds, welches allen erlaubt, während meines Urlaubs dort zu parken, machte in den Sozialen Medien die Runde. Die Bild Zeitung machte eine große Geschichte daraus und titelte: Warum der Ex-Kanzler in Aichtal einen Parkplatz hat“. Den Artikel finden Sie hier.
Seit dem Austritt des Ex-Kanzlers aus der Politik haben die Verwechslungen abgenommen. Heute erhält Bürgermeister Kurz nur mehr etwa zwei Mal pro Monat Anfragen dieser Art. Genervt ist er davon nicht – „ich finde es amüsant“, so Kurz. Der deutsche Kommunalpolitiker stellt keinen Kanzler-Anspruch. Ganz im Gegenteil: Er findet, das Bürgermeister-Amt sei „das schönste Amt“. „Ich will etwas bewegen und ich will die Gemeinde und das Land voranbringen“, so Sebastian Kurz. Er fügt hinzu: „Auf lokaler Ebene kann man Projekte sofort umsetzen, man bekommt sofort ein Feedback und kann den Menschen direkt helfen“.
„Das Bürgermeister-Amt ist das schönste Amt“
Besonders gut gefällt Bürgermeister Kurz die Abwechslung in der Kommunalpolitik. „Jeder Tag ist unterschiedlich. Als Bürgermeister ist man in allen Bereichen im Einsatz, von der Kinderbetreuung über die Ortsgestaltung bis hin zum Seniorenheim und zur Pflege. Am Ende des Tages sieht man auch direkt, was man verändern kann“.
Kurz zu Besuch in Bludenz
Bürgermeister Sebastian Kurz ist Teil des Netzwerks junge Bürgermeister*innen Deutschlands und war Teil der deutschen Delegation des österreichischen Jungbürgermeister:innen-Treffens in Bludenz. Mit dem ehemaligen Kanzler verbindet ihn nämlich nicht nur die Namensgleiche, sondern auch derselbe Geburtsjahrgang (1986). Der junge Ortschef kommt ursprünglich aus einem Nachbarort von Aichtal, und wohnt wie viele Bürgermeister:innen in Deutschland auch nicht direkt in der Kommune, der er vorsteht, sondern in einem Nebenort. Er war zwei Jahre lang im Gemeinderat, bevor er 2020 zum Bürgermeister von Aichtal gewählt wurde.
Gleich zu seinem Amtsbeginn – inmitten der Corona-Pandemie – stand die Stadt vor der großen Herausforderung, ein eigenes Impfzentrum einzurichten. Dies wurde in Kooperation der Gemeinde mit einem großen Industriebetrieb umgesetzt. „Dort konnten dann sogar über 1.000 Menschen geimpft werden“, erzählt der Bürgermeister stolz. Aktuell ist man in Aichtal dabei, den „Investitionsstau“ abzuarbeiten. In den nächsten Jahren werden einige neue Projekte umgesetzt – darunter ein neuer Kindergarten, der Neubau eines Feuerwehrhauses – und auch die Sanierung des Rathauses steht an. „Das sind genau die Themen, die Spaß machen“, ist sich Sebastian Kurz sicher.
Whatsapp- und Instagram-Sprechstunde
Von „seiner“ Stadt ist Kurz überzeugt: Aichtal besteht aus drei Stadtteilen, verfügt über große Anteile an Industrie, aber auch Natur und zeichnet sich durch ein reges, abwechslungsreiches Gemeinschaftsleben aus. „Wir haben rund 70 Vereine und Organisationen und liegen perfekt zwischen Stuttgart und Tübingen, mit guter Verkehrsanbindung und einem großen Naturpark“, erzählt der Bürgermeister. Für seine Bürger:innen bietet er eine Whatsapp-Sprechstunde an. Das bedeutet, dass jederzeit Anfragen via Whatsapp direkt an den Bürgermeister gestellt werden können. „Ich schaue täglich rein und bearbeite die Anliegen auch selbst“, so Kurz. Dieses Angebot wird sehr gut angenommen.
Darüber hinaus gibt es auch eine monatliche Instagram-Sprechstunde, wo ebenfalls Fragen an den Ortschef gestellt werden können. Besonders freut es Kurz, dass dies sowohl von Jüngeren, als auch von Älteren genutzt wird. Die „Whatsapp- und Instagram“-Sprechstunde findet zusätzlich zur wöchentlichen persönlichen Sprechstunde des Bürgermeisters im Rathaus statt. Auf diese Art und Weise soll ein möglichst niederschwelliger und moderner Austausch zwischen Politik und Bürger:innen ermöglicht werden.