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Gemeindebund-Präsident Pressl: „Wir sind die basisdemokratischen Nahversorger“

Kommunalpolitische Tagung in Oberwart mit klaren Ansagen des Gemeindebund-Präsidenten.

Der Österreichische Gemeindebund lud von 18. bis 19. September zum 70. Österreichischen Gemeindetag in die Messehalle nach Oberwart. Insgesamt kamen rund 1.400 Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Gemeindebedienstete und Mandatare in die Messestadt. Umrahmt wurde das kommunalpolitische Programm von der Kommunalmesse, wo 300 Aussteller interessante Produkte und praktische Ideen für die Arbeit in den Gemeinden präsentierten. Höhepunkt des Gemeindetages ist die kommunalpolitische Haupttagung am Donnerstagnachmittag. Auch in diesem Jahr war die Staatsspitze mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen vertreten. Weitere Gäste: Bundesministerin Susanne Raab, LH-Stellvertreterin Astrid Eisenkopf, der Präsident des Bundesfeuerwehrverbandes Robert Mayer, die beiden Vizepräsidenten des Österreichischen Städtebundes Bürgermeister Klaus Schneeberger und Bürgermeister Thomas Steiner sowie zahlreiche internationale Vertreter der Partnerverbände des Gemeindebundes.

Alle Rednerinnen und Redner gingen auf die Hochwasserkatastrophe der letzten Tage ein und dankten den zigtausenden freiwilligen Helfern von Feuerwehr, Rettung und aus der Zivilgesellschaft. Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl nutzte den Gemeindetag für seine erste kommunalpolitische Grundsatzrede. Zu Beginn ging er auf das Hochwasser ein und dankte ebenfalls stellvertretend für alle Feuerwehrleute dem Präsidenten des Bundesfeuerwehrverbandes Robert Mayer. „Die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in den betroffenen Gebieten haben gemeinsam mit ihren Feuerwehren Übermenschliches geleistet und gegen die Wassermassen angekämpft. Wir haben in den letzten Jahren sehr viel Geld und Ressourcen in Schutzmaßnahmen investiert. An vielen Ecken und Enden haben sie auch die Bewährungsprobe bestanden aber an anderen Orten kam einfach zu viel Wasser von oben. Jetzt steht die schnelle Hilfe für die Betroffenen im Fokus und dann geht’s darum, was wir alle aus der Katastrophe lernen können“, so Pressl. Seit Monaten werden die Themen Klimawandelanpassung und der Umgang mit der Ressource Boden intensiv diskutiert. Der Gemeindebund hat hierzu einen „Kommunalen Bodenschutzplan“ erarbeitet, monatelang in den Bundesländern diskutiert und am Gemeindetag beschlossen. „Wir alle wollen unsere Gemeinden weiter gestalten und entwickeln. Der Bodenschutzplan gibt uns einen Handlungsleitfaden, wie wir verantwortungsbewusst mit der Ressource Boden umgehen. Im Fokus steht die Mobilisierung von Immobilien und Leerstand. Mit der nächsten Bundesregierung und mit den Ländern werden wir an der Umsetzung unseres Kommunalen Bodenschutzplans arbeiten“, betont Pressl.

Ein Thema, das den Gemeinden unter den Nägeln brennt sind die Finanzen. „Wir haben vor einem Jahr unter den damaligen Vorzeichen einen guten Finanzausgleich verhandelt. Ich bin aber ehrlich: Wir stehen vor mageren Jahren. Es wird ein Tal der Tränen werden. Wenn die Wirtschaft nicht wächst, stagnieren auch unsere Einnahmen aber die Ausgaben werden immer größer“, so Pressl. Er gab den Bürgermeistern auch einige Erkenntnisse mit. So wird der Gemeindebund dafür kämpfen, dass beim nächsten Finanzausgleich mehr Mittel in die Gemeinden fließen. „Der Anteil der Gemeinden am Steuerkuchen soll künftig bei 15 Prozent liegen“, erklärt Pressl. Des Weiteren brauchen die Gemeinden aufgabenorientierte Zuschüsse und eine klare Aufgabenverteilung. „Die Finanzierung der Assistenzpädagogen in den Schulen muss der Bund endlich übernehmen. Die Nachmittagsbetreuer werden immer stärker in den Unterricht eingebunden und sind daher in Verantwortung des Systems Schule und nicht mehr Aufgabe der Gemeinden, die eigentlich nur Schulerhalter sind“, so Pressl. Der Gemeindebund hat auch zahlreiche Vorschläge zur Deregulierung und zum Bürokratieabbau gesammelt. Auch damit könne Geld gespart werden. Pressl: „So kostet etwa die sinnlose teure Eichung der Schulwaagen den Gemeinden jedes Jahr unnötiges Geld. Der Erkenntnisgewinn für das Gesundheitssystem ist auf der anderen Seite gleich Null, weil niemand die Gewichtsinformationen der Kinder anonymisiert zentral sammelt.“ Bei der digitalen Verwaltung müsse auch mehr Tempo eingelegt werden, denn auch hier könne mit neuen Ideen und Möglichkeiten viel Geld im System gespart werden. Der Präsident führte dabei das Beispiel des Digitalen Bauakts an. Auch die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum ist allerorts herausfordernd. Pressl: „Gemeinden lizitieren sich gegenseitig mit Förderungen oder Finanzierungszusagen für Arztpraxen nach oben, um einen Arzt zu bekommen. Das muss aufhören! Daher laden wir Ärztekammer, Apothekerkammer, Sozialversicherung, Bund und Länder zu Gesprächen, wie wir die Ärzteversorgung im ländlichen Raum sicherstellen können.“

Wenn es um die Gemeindefinanzen geht, muss auch über die Einnahmenseite gesprochen werden. „Wir müssen endlich den Mut aufbringen, die Grundsteuer zu reformieren. Seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert und heute entgehen den Gemeinden jährlich 380 Millionen Euro, weil wir sie nicht valorisiert haben. Die Grundsteuer ist ein unerlässlicher Beitrag, um die Infrastruktur in unseren Gemeinden zu sanieren und zu erhalten“, betont Pressl und spricht auch das Thema Effizienz an: „Wir alle tragen Steuergeldverantwortung für unsere Bürger. Daher müssen wir auch unsere Budgets nach Sparpotenzialen durchforsten und auch ehrlich sein zu unseren Bürgern, wenn das Budget eine Maßnahme nicht hergibt.“

Mit dem Blick auf Europa erklärte der Präsident, dass sich der Gemeindebund noch stärker als bisher auf EU-Ebene stark machen wird: „Wir sind die basisdemokratischen Nahversorger des Landes. Regulierungen und Vorgaben aus Brüssel kommen irgendwann auch in den Gemeinden und wir müssen diese dann umsetzen bzw. auch unseren Bürgern erklären. Ohne die Gemeinden geht auch in Europa nichts und das müssen wir den Entscheidungsträger klar machen. Daher haben wir auch mit Partnerverbänden einen Kommunal-Kommissar gefordert, der den Blick auf die kleinen Einheiten haben sollte.“

Schon gehört? Der Gemeindebund hat einen eigenen Podcast: „Amtsgeheimnisse – der Gemeindebund-Podcast“. Zu finden auf allen gängigen Plattformen.