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Kooperieren beim Finanzieren

29.7.2016 – Die angespannte Finanzlage erschwert die Umsetzung wichtiger Infrastrukturprojekte. Kooperative Finanzierungsmodelle können diesem Trend entgegenwirken.

„Vieles ist möglich“, meint [Mag.] Alois Steinbichler, Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Austria zu Beginn seines Vortrages, in dem er einmal mehr unterstreicht, dass wir es mit einem Paradigmenwechsel in der Infrastrukturprojektfinanzierung zu tun haben.  Die Verschuldungsgrenzen der öffentlichen Haushalte sind limitiert, Erweiterungsmöglichkeiten zeichnen sich nicht ab. Unter dem derzeitigen regulatorischen Regime sind für die Banken langfristige Aktiva auf der Bankbilanz zunehmend schwierig bis nicht haltbar. Gleichzeitig haben institutionelle Investoren, etwa Pensionsfonds oder Versicherungen, eigene Herausforderungen beim gegenwärtigen Zinsniveau, denn im Kapitalmarkt verdient man derzeit eigentlich nichts.

„Das ist recht schwierig, bildet aber gleichzeitig fast einen Idealzustand für die Brückenfunktion der Kommunalkredit“, so Steinbichler. Die Bank fokussiert seit jeher besonders auf Projekte in den Bereichen soziale Infrastruktur, Energie, Umwelt und Verkehr und übt mit der neuen Geschäftsstrategie eine Brückenfunktion zwischen dem Bedarf von Projekterrichtern mit entsprechendem Strukturierungs- und Finanzierungsbedarf sowie institutionellen Investoren mit Veranlagungsbedarf aus. Sie bietet damit eine gemeinsame Lösung für die Probleme und Interessen der Gemeinden, der Banken und der institutionellen Investoren an.

Wie kann das aussehen?

Zwar zeigen die Gemeindefinanzen grundsätzlich einen positiven Trend. Dennoch sind die Mittel über öffentliche Budgets zunehmend begrenzt, eine Verbreiterung der Finanzierungsbasis für öffentliche oder öffentlichkeitsnahe Infrastruktur erforderlich. Möglich ist das u. a. über Verfügbarkeitsmodelle.

Wie kann so ein Modell konkret aussehen?  Das Verfügbarkeitsmodell ist breiter angelegt, rascher umsetzbar, führt früher zu einem konjunkturellen Effekt. Die Vorteile liegen u. a. in der Nutzbarmachung der Expertise privater Partner und in dem – durch Gründung einer eigenen Projektgesellschaft auf den Projektzweck – genau abgrenzbaren Risiko. Der private Partner trägt dabei neben dem Baurisiko auch das Risiko der eingeschränkten Verfügbarkeit (und damit einer reduzierten Entgeltzahlung durch den öffentlichen Auftraggeber). Derartige Modelle sind ESVG-neutral und Schulden der Projektgesellschaft nicht den Staatsschulden zuzurechnen. Der Aufwand aus den Verfügbarkeitszahlungen ist dem Budgetdefizit zuzuzählen, tritt erst mit Fertigstellung und Verfügbarkeit der Infrastruktur ein. Dieses Modell ist ausschreibepflichtig und dadurch im Vorhinein transparent.

Angenommen ein paar Gemeinden reden sich zusammen, es konstituiert sich ein Gemeindeverband als Schulerrichtungs- und Sanierungsverband einer ganzen Region, der diese Ganztagsschulinfrastruktur baut und betreibt. Gegen ein jährliches Vergütungsentgelt beauftragt dieser Verband eine Projektgesellschaft. Finanziert wird das Ganze mit Eigenkapital von privaten Investoren, zusätzlich beteiligt sich der Verband oder die öffentliche Hand mit bis zu 20 %, denn bis zu dieser Grenze wird das Geld nicht in die Gesamtschulden dieser öffentlichen Institutionen eingerechnet. Das gesamte Eigenkapital wird durch Fremdkapital der Pensionsfonds und Versicherungen ergänzt; es kommt somit zu einer Erweiterung eines Public-Private-Partnership zu einem Public-Private-Institutional-Partnership. Kommt das Eigenkapital zeitgleich oder vor den Fremdkapitalmitteln, bietet diese Struktur zudem die Möglichkeit, Förderungen oder Zuschüsse von öffentlicher Quelle zu bekommen. Bezahlt wird das Entgelt des Verbandes plus Förderungen nur gegen die Erfüllung eines vorher vereinbarten Leistungskataloges. Somit finden sich die Beträge im öffentlichen Budget erst ab Fertigstellung wieder. Der Vorteil besteht also darin, dass man nicht vorfinanzieren muss und eine Zahlungsverpflichtung erst anfällt, wenn das Objekt tatsächlich zur Verfügung steht. Das Modell ist  also keine Finanzierungsalternative alleine, sondern auch ein Beschaffungskonzept.

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Wie kommt die Kooperation ins Spiel?

An diesem Punkt werden Gemeinden einwenden: „ Wir haben eigene Planungsabteilungen, Beschaffungsinfrastruktur und Bauabteilungen. Die können das doch ohnehin.“ Das stimmt auch. Doch wie können diese Stellen kooperieren? „An dieser Stelle kommt die Kommunalkredit ins Spiel. Unsere Kompetenz liegt nicht nur in der Vergabe von Krediten, sondern vor allem darin, Projekte zu strukturieren, die Finanzierung umzusetzen und mit anderen Partnern die Errichtung zu betreuen“, erläutert Steinbichler.  Die Finanzierung der Straßen-  und Beleuchtungsinfrastruktur der Stadt Birmingham wurde bspw. nach diesem Modell umgesetzt, wie auch ein Schulsanierungskonzept in Belgien.

Wichtig ist zu verstehen, dass das Verfügbarkeitsmodell ein Beschaffungskonzept und keinen Ersatzkredit darstellt. Gemeinden, die sich für dieses Modell entscheiden, profitieren in mehrerer Hinsicht davon: Die Verfügbarkeitszahlung ist an die tatsächliche erbrachte Leitung gebunden. Es gibt keine negativen Auswirkungen auf den Schuldenstand. Die Defizitwirksamkeit tritt erst ab Fertigstellung ein. Das Modell ermöglicht eine raschere Errichtung der jeweiligen Vorhaben. Nicht zu vergessen die positiven Konjunktureffekte aus den Baumaßnahmen.  Conclusio: Finanzieren durch Kooperieren ermöglicht die Umsetzung bedeutender Infrastrukturprojekte.

Impulsvortrag von Mag. Alois Steinbichler (Vorstandsvorsitzender der Kommunalkredit Austria) ©event-fotograf