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Kinderbetreuung: Kosten seit 2000 fast verdreifacht

25.4.2017 – Österreich = Familienland? Glaubt man den Ausgaben, müsste das stimmen. Die Kosten für die vorschulische Kinderbetreuung haben sich gar fast verdreifacht. Die staatlichen Gesamtausgaben haben sich zumindest um mehr als die Hälfte gesteigert.

Wer auf die österreichischen Ausgaben für Familienleistungen schaut, müsste annehmen, dass Österreich ein Paradies für Familien ist. Gab der Staat im Jahr 2000 noch 3.540 Euro pro 0- bis 19-Jährigem aus, waren es 2015 schon 5.847 Euro. Dies zeigt eine aktuelle Zusammenstellung des Wirtschaftsforschungsinstituts.

Aufteilung_der_Familienleistungen_Österreichs_in_Prozent

(Quelle: WIFO, Grafik: Kommunalnet)
Die Ausgaben haben sich in den letzten 15 Jahren zugunsten der Kinderbetreuung entwickelt.

Kosten für Kinderbetreuung fast verdreifacht

Auch für die Gemeinden, die mehr als 70 Prozent der Kindergärten und 40 Prozent der Krippen erhalten, sind die Ausgaben in den letzten 15 Jahren gerade im Bereich der Kinderbetreuung ordentlich in die Höhe geschnellt: Betrugen die Ausgaben im Jahr 2000 noch 683 Millionen Euro, waren es 2015 schon fast zwei Milliarden. Das ist fast dreimal so viel wie zur Jahrtausendwende.

Diese Kostensteigerung ist auch abzüglich der Teuerungsrate, die 34 Prozent in diesem Zeitraum betrug, immer noch beträchtlich. Und das obwohl die Zahl der Kinder in der Altersgruppe null bis sechs Jahre doch deutlich zurückgegangen ist (2000: 510.663 Kinder im Alter von 0-6 Jahren, 2015: 491.300 Kinder im Alter von 0-6 Jahren).

Gleichzeitig hat sich aber zumindest die Zahl der Kinder, die beispielsweise einen Kindergarten besuchen, deutlich gesteigert. Waren im Jahr 2000 rund 18.500 der Null- bis Zweijährigen in Betreuung, steigerte sich diese Zahl auf 63.000 im Jahr 2015. Heute befindet sich rund ein Viertel der Kinder in dieser Altersgruppe in Betreuung. Noch höher liegt die Betreuungsquote bei den Drei- bis Fünfjährigen mit 93 Prozent. Während im Jahr 2000 noch 207.000 Kinder dieser Altersgruppe in Betreuung waren, waren es im Jahr 2015 schon fast 228.700.

Der einzige Posten, in dem die Ausgaben aus Gemeindesicht gesunken sind, sind die „Geldleistungen der Länder und Gemeinden“. Diese reduzierten sich von im Jahr 2000 49 Millionen auf 24 Millionen Euro im Jahr 2015 und damit um etwas mehr als die Hälfte. Dabei handelt es sich beispielsweise um Zuschüsse für Familien oder Förderungen für bedürftige Familien. Genau entgegensetzt das Bild bei den Sachleistungen der Länder und Gemeinden (ohne Kinderbetreuung), denn hier verdoppelten sich die Ausgaben wiederum von 308 Millionen Euro im Jahr 2000 auf 639 Millionen Euro im Jahr 2015. Bei den Sachleistungen sind die Kosten für die Kindergärten ausgenommen. Generell fällt der Löwenanteil in dieser Gruppe den Ländern zu. In dieser Kategorie werden Aufwendungen für Jugendwohlfahrt, sozialpädagogische Einrichtungen, stationäre Unterbringung, Pflegefamilien, Beratungsstellen oder auch soziale Dienste subsumiert.

ffentliche_Ausgaben_für_Familien_in_Prozent_des_BIP_im_Jahr_2013

(Quelle: OECD (2016), WIFO-Berechnungen. Daten 2013, Grafik: Kommunalnet)
Die Franzosen geben anteilsmäßig mehr Geld für Kinderbetreuungseinrichtungen und Steuererleichterungen für Familien aus.

Vergleichsweise viele direkte Geldleistungen

Obwohl die Kosten der Gemeinden für die Kinderbetreuung in den letzten Jahren geradezu explodiert sind, bewegen wir uns gesamtstaatlich gesehen bei den Ausgaben noch unter dem Durchschnitt der EU-Staaten. Dieser liegt für das Jahr 2013 bei 2,91 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), während die Ausgaben für Familienleistungen in Österreich „nur“ bei 2,61 Prozent lagen. Die einzig vergleichbaren Zahlen für die internationalen Vergleiche stammen aus dem Jahr 2013 und für die internationalen Daten wurden für die Vergleichbarkeit weniger Familienleistungen hinzugezählt als bei der WIFO-Darstellung. Daher liegt der Anteil der Leistungen für Familien bei der rein österreichischen Berechnung bei 2,9 Prozent des BIP und ist damit seit 2000 um 0,2 Prozent gefallen.

Bei den Geldleistungen bewegen wir uns im internationalen Vergleich fast an der Spitze. Im Jahr 2013 gab es nur in Luxemburg, Großbritannien, Irland und Ungarn noch mehr direkte Geldzahlungen an Familien. Der OECD-Schnitt lag bei direkten Geldleistungen von 1,25 Prozent, die EU 15 bei 1,50 Prozent und Österreich bei 1,90 Prozent des BIP. Dafür gewährt Österreich vergleichsweise wenige steuerliche Vorteile und Sachleistungen.

ffentliche_Ausgaben_für_Familien_in_Prozent_des_BIP_im_Jahr_2013_OECD-Vergleich_

(Quelle: OECD (2016), WIFO-Berechnungen)
Österreich hat im OECD-Vergleich wenige Realtransfers (z.B: Kinderbetreuung), dafür vergleichsweise viele monetäre Leistungen. Außerdme geben die Österreicher weniger für Familien aus, als die EU-Staaten im Durchschnitt.

Frankreich: Viel mehr Sachleistungen für Familien

Im Vorzeigeland Frankreich sind die Ausgaben generell höher. Gibt Österreich 2,61 Prozent des BIP für Familienleistungen aus, sind es in Frankreich 3,65 Prozent – die dritthöchsten Ausgaben im OECD-Vergleich. Der Hauptteil der Ausgaben fließt in die direkten Geldleistungen, die aber mit 1,56 Prozent des BIP prozentuell immer noch weniger hoch sind als in Österreich (1,90%). Mehr als doppelt so viel steckt Frankreich dafür in Sachleistungen (F: 1,35 %, Ö: 0,67 %) und mehr 18 mal so viel in steuerliche Erleichterungen (F: 0,74 %, Ö: 0,04 %).

Auch in Österreich geht der Trend hin zu mehr Sachleistungen. Im Jahr 2000 lag der Anteil der Ausgaben für Kinderbetreuungseinrichtungen für Kinder unter sechs Jahren bei 0,3 Prozent des BIP, 15 Jahre später schon bei 0,6 Prozent des BIP. Die direkten Geldleistungen haben sich in diesem Zeitraum um 0,4 Prozent auf 1,9 Prozent verkleinert.

Lebendgeborene_in_Österreich

(Quelle: Statistik Austria, Grafik: Kommunalnet, Bild: ©dash1502 – Fotolia.com)
Die Zahl der Geburten hat sich in den letzten zehn Jahren deutlich erhöht.

Deutlich mehr Geburten

Um die Effekte dieser Ausgaben zu sehen, kann man nun unterschiedliche Parameter unter die Lupe nehmen. Einer wäre die Geburtenstatistik. Das kann man bejahen. Nach dem absoluten Tief an Neugeborenen im Jahr 2009, liegt die Geburtenrate 2015 mit 84.000 Lebendgeborenen so hoch wie nicht einmal rund um die Jahrtausendwende (78.000). Im Vergleich zu Frankreich haben wir aber immer noch Luft nach oben. Werden in Österreich pro 1.000 Einwohner 9,8 Kinder geboren, sind es in Frankreich zwölf. Frankreich liegt im EU-Vergleich aber nur auf Platz zwei, denn die meisten Kinder pro 1.000 Einwohner kommen in Irland (14) zur Welt.

Kinderbetreuungsquote: Verbesserungspotenzial bei Krippen und Schulen

Ein weiterer Maßstab, um den Erfolg der Familienleistungen zu beurteilen, könnte die Betreuungsquote sein. Bei den Null- bis Zweijährigen hat Österreich stark aufgeholt. Lag die Betreuungsquote in den Kinderkrippen im Jahr 2007 bei nur acht Prozent, stieg sie bis 2015 auf 25,5 Prozent an. Damit ist es wahrscheinlich, dass Österreich das europäische Barcelona-Ziel von 30 Prozent bis 2020 erreichen kann. Allerdings wäre auch hier noch Luft nach oben, wie der Vergleich von Eurostat zeigt. Frankreich hat eine Betreuungsquote bei den Kleinkindern von fast 42 Prozent, Spitzenreiter Dänemark von mehr als 77 Prozent. Bei den Drei- bis Fünfjährigen liegt die Betreuungsquote in Österreich hingegen schon bei 93 Prozent – in manchen Bundesländern sogar deutlich darüber (z.B. in Niederösterreich mit 96,8 %).

Teilzeitquote

(Quelle: Statistik Austria, Grafik: Kommunalnet; Bild: © Jan Engel – Fotolia.com)
Fast die Hälfte der Frauen arbeitet derzeit Teilzeit. Bei den Männern sind es nur 11,7 Prozent.

Teilzeitquote bei Frauen sogar noch gestiegen

Scheitert es dann an der Nachfrage? Die Quote der Teilzeit beschäftigten Frauen ist immer noch äußerst hoch: Die Betreuung von Kindern und andere familiäre Aufgaben sind laut einer Wifo-Studie der wichtigste Grund, warum Frauen Teilzeit machen. – derstandard.at/2000055852789/Familienleistungen-stiegen-in-15-Jahren-real-um-ein-ViertelFast die Hälfte aller weiblichen Erwerbstätigen, nämlich 48,3 Prozent, arbeitete im vierten Quartal 2016 Teilzeit. Das ist der zweithöchste Wert in der EU. Bei den Männern liegt die Teilzeitquote mit 11,7 Prozent vergleichsweise niedrig, aber auch sie steigerte sich um ein Prozent im Vergleich zum vierten Quartal 2014.

Immerhin ermöglichte der massive Ausbau der Kinderbetreuung offensichtlich mehr Frauen, eine Erwerbsarbeit anzunehmen. Lag die Erwerbsquote bei den Frauen im Jahr 2000 noch bei 47,1 Prozent, stieg sie bis 2015 auf 52,4 Prozent an. Sie liegt aber immer noch unter dem Durchschnitt von 57,5 Prozent.

Kinderbetreuung_in_Österreich

(Quelle: Statistik Austria; Grafik: Kommunalnet; Bild: Stefan Pommer)
Gemeinden erhalten 72 Prozent der Kindergärten und 40 Prozent der Kindergrippen. Die Betreuungsquote bei den Krippen liegt bei 25,5 Prozent und bei den
Während die Staatsausgaben von 2000 bis 2015 um 51 Prozent gestiegen sind, sind die Ausgaben für vorschulische Kinderbetreuungseinrichtungen um 187 Prozent gestiegen. (Quelle: WIFO; Grafik: Kommunalnet)