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Forum 4: Der digitale Wandel – eine Aufgabe für alle

27.7.2017 – Weder von oben herunter, noch von unten hinauf wird der digitale Wandel funktionieren. Es braucht eine gemeinsame Kraftanstregung von vielen Seiten. Auch die Gemeinden spielen dabei eine wichtige Rolle, sind sich die Experten des Forums 4 Anke Knopp und Bgm. Christoph Meineke sicher.

Einig war man sich im Forum 4, dass es Orte des Erprobens geben muss und man bei der Digitalisierung auch keine Scheu vor kleinen Fehlschlägen haben darf. ©event-fotograf.at
Einig war man sich im Forum 4, dass es Orte des Erprobens geben muss und man bei der Digitalisierung auch keine Scheu vor kleinen Fehlschlägen haben darf. ©event-fotograf.at

Die Herausforderungen der Gemeinden sind bekannt, en detail analysiert, wenn auch ortsspezifisch unterschiedlich. Es geht um Daseinsvorsorge, wachsende Anforderungen an die Kommunen, um die Erhaltung und mögliche Erhöhung der Lebensqualität. In dieser Gemengelage ist der digitale Wandel vage Hoffnung, echte Chance, aber für manche auch potenzielle Bedrohung, dass der ländliche Raum ein Verlierer dieser Entwicklung sein und abgehängt werden könnte.

Dass flächendeckendes Breitband eine technische Grundvoraussetzung darstellt, um die Chancen wahrzunehmen, ist logisch und auch im Forum 4 der Kommunalen Sommergespräche „Smart Country – Digitale Strategien für den ländlichen Raum“ von Anke Knopp noch einmal bekräftigt worden. Dies stellt für die Kommunen auch eine finanzielle Herausforderung dar, ist jedoch alternativlos.

Gemeinden werden auch bei den selbstfahrenden Autos eine große Rolle spielen. Das ist bisher noch niemandem bewusst. ©event-fotograf.at
Gemeinden werden auch bei den selbstfahrenden Autos eine große Rolle spielen. Das ist bisher noch niemandem bewusst. ©event-fotograf.at

Breitband ist in gewisser Weise die Hardware der digitalen Transformation, doch diese benötigt auch eine Software, um zu funktionieren. Die Software sind die Menschen und ihre Ideen und ihre Bedürfnisse. Der digitale Wandel ist dabei eine Aufgabe für alle, von der Bundespolitik über die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, die Verwaltungsebene, die Wirtschaft bis hin zu den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern. Digitalisierung kann dabei, wie das Forum 4 zeigte, nicht bloß als Projekt „von oben“, also Top-down, funktionieren. Ebenso wenig aber als bloße Bottom-up-Veränderung erwartet werden. Es braucht beide Ansätze.

Analog dazu ist Digitalisierung keine gesellschaftliche, sozioökonomische Entwicklung, die nur über Masterpläne gelingen kann. Das bedeutet aber nicht, dass strategische Begleitung nicht notwendig ist. Das ist sie, andernfalls entstehen in der Praxis Zielkonflikte und man verliert sich im Detail. Doch bei jeder neuen Technologie ist der Ansatz des Tuns und des Probierens besonders wichtig. Scheitern muss als Ergebnis eines Projektes mitgedacht werden und darf nicht abschrecken.

Christoph Meineke aus der deutschen Gemeinde Wennigsen ist ein Pionier in Sachen Digitalisierung in Deutschland. ©event-fotograf.at
Christoph Meineke aus der deutschen Gemeinde Wennigsen ist ein Pionier in Sachen Digitalisierung in Deutschland. ©event-fotograf.at

Auch Christoph Meineke, Bürgermeister der Gemeinde Wennigsen in Deutschland und ein Pionier in Sachen Digitalisierung in der kommunalen Verwaltung, hat über einzelne Projekte berichtet, die sich als wenig zufriedenstellend erwiesen haben. „Man muss auch manchmal zwei Schritte zurück machen“, sagte er. Wichtig aber ist das Gehen. Und dass von Beginn an die Menschen einbezogen werden. Es brauche Orte des Erprobens, fordert Knopp. Auch die Bewohnerinnen und Bewohner müssen praktisch erfahren können, welche Vorteile die Digitalisierung für sie bedeutet.

Konkrete Beispiele und Erfahrungen berichteten sowohl Knopp als auch Meineke. So wird in Wennigsen bald ein sogenannter „Chatbot“ seine Arbeit aufnehmen und eine Erstanlaufstelle für die Menschen sein, die sich mit Fragen an die Kommunalverwaltung richten. Auch die Nutzung von Daten im Interesse der Bürgerinnen und Bürger – und der Gemeinschaft ganz allgemein – ist in Wennigsen bei Hannover zumindest in Ansätzen schon Realität. Ein leerstehendes Gebäude wird derzeit zudem gerade als Coworking-Space umgebaut, um in der Kommune qualitative Arbeitsplätze zu schaffen. Das passiert auch in Rücksprache mit Unternehmen der Region aus der Automobilbranche, die hohe Anforderungen an die Datensicherheit stellen. Auch das gilt es zu beachten, um die Chance zu nutzen, durch Remote-Arbeit, also Arbeit aus der Ferne, Arbeitsplätze in der Region zu erhalten und Abwanderung entgegenzusteuern.

Seine Gemeinde startet bald mit einem "Chatbot". Einem smarte Programm, das automatisiert mit Nutzern kommunizieren kann. Dieser soll Erstanlaufstelle für Bürger sein. ©event-fotograf.at
Seine Gemeinde startet bald mit einem „Chatbot“. Einem smarte Programm, das automatisiert mit Nutzern kommunizieren kann. Dieser soll Erstanlaufstelle für Bürger sein. ©event-fotograf.at

Die Gemeinden haben auch etwas Entscheidendes zu bieten – abgesehen von Lebensqualität. Ihre Gesamtheit überzieht Österreich wie ein Netz, und das wird vor allem dann wichtig sein, wenn das „Internet der Dinge“ Teil des Alltags wird, die Computer noch intensiver miteinander kommunizieren und selbstfahrende Autos eine Realität sind. Meineke verwies auf die enorme Datenmenge von 4.000 Gigabyte pro Stunde, die autonome Fahrzeuge produzieren und die sofort, also in Echtzeit, verarbeitet werden müssen. Selbst bei Glasfaserverkabelungen ist es notwendig, dass alle 100 Kilometer ein Datenzentrum stehen muss. „Das wird kaum beachtet“, sagte Meineke. Damit ist auch klar, dass es die Gemeinden braucht. Ohne die Gemeinden kann es keinen digitalen Wandel geben.

Anke Knopp ist freiberufliche Bloggerin und Autorin zur digitalen Transofrmation im Lebensalltag der Menschen und Kommunen. ©event-fotograf.at