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EU bekommt eigene Staatsanwaltschaft

23.10.2017 – Eine Europäische Staatsanwaltschaft soll künftig dabei helfen, kriminelle Handlungen auf europäischer Ebene zu bekämpfen. Sie wird sich intensiv mit dem Mehrwertsteuersystem und dem Fördermittelbetrug beschäftigen.

20 Mitgliedsstaaten einigten sich mit Rat und Parlament auf die Errichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft. Ab 2019 setzt sich diese vor allem mit dem grenzüberschreitenden Mehrwertsteuersystem und dem Fördermittelbetrug auseinander. Auch Österreich nimmt am Projekt teil.

Justizminister Wolfgang Brandstetter zeigte sich erfreut über den Beschluss: „Die Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft ist eines der größten Integrationsprojekte im Justizbereich der Europäischen Union“.

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Eine grundlegende Reform des Mehrwertsteuersystems ist bereits angekündigt. Die momentane Regelung aus dem Jahr 1993 ist nämlich für Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind, zu kompliziert. ©Gemeindebund

Beseitigung der nationalen Grenzen

Die Hauptaufgabe der Staatsanwaltschaft ist die Bekämpfung krimineller Handlungen, die sich momentan nachteilig auf die finanziellen Interessen der EU auswirken. Bisher können Betrugsfälle, wie die missbräuchliche Verwendung von EU-Fördergeldern, nur von nationalen Behörden verfolgt werden. Der europäischen Staatsanwaltschaft ist es aber künftig möglich, direkt einzuschreiten und Fälle vor Gericht zu bringen. Dazu muss jeder teilnehmende Staat mindestens einen europäischen Staatsanwalt ernennen.

Reform des EU-Mehrwertsteuersystems 

Ein Problem, dem sich die Europäische Staatsanwaltschaft künftig widmet, ist das grenzüberschreitende Mehrwertsteuersystem. Die Mehrwertsteuer ist eine wachsende Einnahmequelle der EU und stark anfällig für Betrug. 1967 wurde deren erste Richtlinie eingeführt. Umsatzsteuern, die den Wettbewerb und den freien Warenverkehr behindern, sollten so abgeschafft werden.

Das momentane Mehrwertsteuersystem stammt aus dem Jahr 1993 und war nur als Übergangsregelung gedacht. Es ist allerdings zu kompliziert für die wachsende Zahl von Unternehmen, die grenzüberschreitend tätig sind. Zudem werden inländische und grenzüberschreitende Umsätze unterschiedlich behandelt.

Deshalb hat die Europäische Kommission beschlossen, dass Mehrwertsteuersystem grundlegend zu reformieren. So soll ein Rückgang des grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrugs von etwa 80 Prozent erreicht und grenzübergreifend tätige EU-Unternehmen unterstützt werden. Ziel ist es, den Verwaltungsaufwand und die Mehrwertsteuerverfahren zu vereinfachen. Dies würde auch den Aufgabenbereich der Europäischen Staatsanwaltschaft entlasten.

Zahlungen per Online-Portal

Vier grundlegende Forderungen stehen im Mittelpunkt. Neben der Betrugsbekämpfung führt die Reform zu einer zentralen Anlaufstelle, größeren Kohärenz und weniger Bürokratie. Die zentrale Anlaufstelle sorgt dafür, dass Unternehmen in einem Online-Portal in ihrer eigenen Sprache Erklärungen abgeben und Zahlungen durchführen. So wird es für grenzüberschreitend tätige Unternehmen einfacher, den mehrwertsteuerlichen Pflichten nachzukommen.

Mit der Umstellung auf das „Bestimmungslandprinzip“ soll größere Kohärenz geschaffen werden. Die Umsatzsteuer wird vom Letzt-Verbraucher in dem Staat, in dem der Endverbrauch stattfindet, zu entrichten sein und dem in diesem Mitgliedstaat geltenden Satz entsprechen. Durch eine Vereinfachung der Vorschriften für die Rechnungslegung, werden Unternehmen in Zukunft keine Listen von grenzüberschreitenden Transaktionen für ihre Finanzbehörde mehr erstellen.

Der Legislativvorschlag wird nun den Mitgliedsstaaten im Rat zur Zustimmung und dem Europäischen Parlament zur Stellungnahme vorgelegt. Die EU-Staatsanwaltschaft soll innerhalb von zwei Jahren vollständig aufgebaut werden und ihren Sitz in Luxemburg haben.

Die missbräuchliche Verwendung von EU-Fördergeldern wird durch die Europäische Staatsanwaltschaft verhindert. ©epitavi – Fotolia.com