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Die neue Verwaltungsgerichtsbarkeit – Zu früh für eine erste (kommunale) Bilanz?

22.7.2015 – Die echte „Betriebsaufnahme“ der Landesverwaltungsgerichte mit 1. Jänner 2014 hat zu einer tiefgreifenden Veränderung – gerade auch in der kommunalen Hoheitsverwaltung geführt. Das bisherige Instrument der Vorstellung wurde abgeschafft, über letztinstanzliche Entscheidungen der Gemeinden entscheiden die Landesverwaltungsgerichte (VwG), nur in Ausnahmefällen ist noch ein Rechtsmittel an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Sonderfall Tirol

Mit Ausnahme eines Bundeslandes – Tirol (aber auch einigen Statutarstädten wie Salzburg) – wurde im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden der zweigliedrige Instanzenzug (idR Bürgermeister und Gemeindevertretung bzw. Gemeindevorstehung) vor allem aus verfassungspolitischen Erwägungen beibehalten. Univ.-Prof. David Leeb fokussierte in seinem spannenden Beitrag, den er im Rahmen der achten kommunalen Netzwerkbildungstagung im Vorfeld der Kommunalen Sommergespräche in Bad Aussee hielt, nicht nur mehrere verfahrensrechtliche, sondern auch inhaltliche Aspekte der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die sich in den vergangenen 18 Monaten abgezeichnet haben. Ob die Gemeindeautonomie unter der neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit „gelitten“ oder vielleicht sogar davon „profitiert“ hat, ist differenziert zu betrachten.

Immer noch offene Fragen

Tatsache ist, dass die neuen Gerichte ihre Prüf(„Kognitionsbefugnis“)befugnis im Beschwerdeverfahren sehr umfassend verstehen, jedenfalls nicht weniger „weit“, als dies bei den Vorstellungsbehörden der Fall war; dieser „offene“ Zugang zum Umfang der rechtlichen Prüfungsmöglichkeit wurde zwischenzeitlich auch durch die Judikatur des VwGH unterstrichen. Zwar wurde in der Entscheidung des VwGH vom 26.3.2015, RA 2014/07/077 festgehalten, dass die Prüfungsbefugnis des VwG keine unbegrenzte ist, gleichzeit hielt der VwGH auch fest, dass das VwG auch befugt sei „Rechtswidrigkeitsgründe aufzugreifen, die in der Beschwerde nicht vorgebracht wurden“. Leeb hob weiters hervor, dass auch eineinhalb Jahre nach der Umstellung immer noch offene – und durchaus wesentliche Rechtsfragen –  bestehen, auf die seitens der Literatur hingewiesen wurde, der Gesetzgeber aber eine Antwort schuldig ist (bspw. in Zusammenhang mit dem „Rechtskraft-Begriff“). So oder so: vieles hat sich weniger problematisch und schneller eingespielt, als von vielen Seiten befürchtet, ob alle Erwartungshaltungen an die neue Gerichtsbarkeit erfüllt werden konnten, wird wohl auch weiterhin eine Frage des „Standortes“ (VwG, Gemeinde, Beschwerdeführer) sein.

David Leeb berichtete in seinem Vortrag über die ersten Erfahrungen mit der Anfang 2014 neu eingeführten Verwaltungsgerichtsbarkeit. ©Gemeindebund