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Aggressive Bürger: Deeskalation ist am effizientesten

Sind die Leute heute aggressiver als früher? Wäre es vor 20 Jahren zu Amokläufern in Gemeindestuben gekommen? Chefinspektor Manfred Hirnschrodt, Leiter der Kriminalprävention des Stadtpolizeikommandos Linz, ist sich sicher, dass sich etwas getan hat. Die Aggressionen beim Kontakt mit den Bürgern haben zugenommen. Aber warum kommt es soweit? Die egozentrische Sichtweise hat zugenommen. Viele Menschen können sich nicht mehr auf andere einstellen. Die Sichtweise „Wenn ich das nicht bekomme, dann werde ich aggressiv“ hat sich bei vielen in den letzten zehn bis zwanzig Jahren durchgesetzt.

Aggressionsstufen

©auremar-Fotolia.at

Grundsätzlich gibt es zwei Agressionstypen: Den unterkontrollierten und den überkontrollierten Agressiven. Während der unterkontrollierte sich ständig bei kleinen Dingen aufregt, sammelt der überkontrollierte die Frustrationserlebnisse bis der sprichwörtliche Tropfen das Fass zum Überlaufen bringt.

„Den unterkontrollierten Aggressiven kann man „ausdampfen“ lassen. Droht man diesem zu früh, dann kann die Lage eskalieren. Gefährlicher ist der zweite Typus. Beim berühmten Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, steht die Aggression in keinem Verhältnis zum Auslöser. Kommt noch eine Persönlichkeitsstörung dazu, kann es wirklich gefährlich werden“, weiß Hirnschrodt aus Erfahrung.

Was tun, wenn ich einem aggressiven Bürger gegenüberstehe?

Grundsätzlich gilt: Wenn ich meine Emotionen selbst nicht kontrollieren kann, kann ich auch die Situation mit einem aggressiven Bürger nicht kontrollieren. Essentiell ist, dass man sich nicht provozieren lässt. Begegnen Sie einem wütenden Bürger kommunikativ. Oft sinkt die Aggression, wenn die wütenden Bürger jemanden finden, dem sie ihre Geschichte erzählen können.

Drei Stufen der Deeskalation

Grundsätzlich lassen sich beim Umgang mit Aggressionen drei Phasen unterscheiden: In der emphatischen Phase (ca. 7-10 min) kann man auf die Emotionen des Gegenüber eingehen, eine Ventilöffnung zulassen.

Beruhigt sich der aggressive Bürger nicht, muss man die Taktik ändern. In der autoritären Phase muss man Grenzen aufzeigen. „Bis hier her und nicht weiter“, „Jetzt nicht mehr“. Zeigt man Grenzen auf, muss man sich vorher überlegen, welche Konsequenzen man auch wirklich mit Entschlossenheit umsetzen kann.

Nützt auch das nichts, muss man auf die eigene Sicherheit achten, Unterstützung anfordern und sich rechtzeitig aus der Situation entfernen. Steht man mehreren wütenden Bürgern gegenüber, so sollte man sich unbedingt von Beginn an Verstärkung holen, denn man kann nur einem wirklich zuhören. Diejenigen, denen man nicht zuhört, können auch ihre Aggressionen nicht abbauen.

Üben lohnt sich

„Die Theorie ist wichtig, aber das Praktizieren und Üben ist noch wichtiger. Deswegen gibt es auch Schulungsangebote, die vor Ort in den Gemeindeämtern durchgeführt werden und zwei Tage lang dauern“, erklärt Hirnschrodt, der selbst sein Praxiswissen bei Schulungen weitergibt. Wichtig für den Erfolg des Ganzen sei, dass es keine Pflichtveranstaltung, sondern freiwillig sei.

Manfred Hirnschrodt referierte am 22. Juli 2014 im Zuge des Netzwerktreffens vor den Vertretern der kommunalen Weiterbildungseinrichtungen.

Chefinspektor Manfred Hirnschrodt ist Leiter der Kriminalprävention des SPK Linz und führt Schulungen zum Thema Aggressionen im Bürgerkontakt durch. ©Gemeindebund